Predigt zur Einweihung von Haus Saalburg am 26.10.2007
Von Dekan Pfr.
Dr. Dietrich Neuhaus; Predigttext
Lukas 2,25-32 und 36-38
das
sind zwei biblische Szenen, die sich direkt an die uns allen bekannte
Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium anschließen. Der Heiland ist
geboren, die Welt nimmt wieder ihre gewohnte Gangart an. Dann diese beiden
Szenen der Begegnung zwischen ganz Alt und ganz Jung, zwischen den zwei
Hochbetagten und dem noch ganz niedrig betagten Heiland.
Der
alte Simeon, der auf den Trost Israels wartet; er sieht und erkennt etwas,
obwohl seine Augen vermutlich nicht mehr die besten sind, Altersweitsichtigkeit,
grauer Star, grüner Star, wie das eben im Alter so ist. Und dann nahm er ihn
auf seine Arme, lobte Gott und sprach: Herr, nun lässt du deinen Diener in
Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen.
Und
er wird den kleinen Heiland etwas weiter weg gehalten haben, um ihn auch scharf
zu sehen.
Und
die alte Prophetin Hanna, 84 Jahre alt. Da darf man auch heute, im Zeitalter des
aktiven und hyperaktiven Seniorats von hochbetagt sprechen. Die wird noch einmal
auf ihre alten Tage zur Seherin und weiß angesichts des Heilands von der Erlösung
Jerusalems zu sprechen –an alle, die darauf warten, voller Verheißung und
Trost und Hoffnung.
Zwei alte Menschen sehen etwas, was andere Menschen, eingespannt in den normalen Lauf und Gang des Lebens nicht sehen, vielleicht nicht sehen können.
Ich
sehe was, was du nicht siehst.
Das
ist ein beliebtes Kinderspiel – und offenbar auch eine biblische Verheißung,
die auf dem Alt- und Hochbetagtsein liegt.
Es
war nun Plan und Ziel der Menschen und Gremien, die vor ca. 10 Jahren
beschlossen haben, die Heilands- und die Johannisgemeinde organisatorisch wieder
zusammen zu führen zur Ev. Kirchengemeinde Bornheim, dabei besondere Akzente zu
setzen, bei der Zusammenführung von Jung und Alt. Dahinter stand wohl die
Sorge, dass es diese beiden Altersgruppen sind, die in einer Gesellschaft, in
der die Leistung im Mittelpunkt steht, zumindest drohen, aus dem Blickfeld zu
geraten und notorisch zu kurz zu kommen. Die einen, weil sie noch nicht recht
funktionstüchtig sind und damit quer zur Rationalität und Logik der normalen
Alltagswelt stehen; die andern, weil sie nicht mehr funktional in der
Arbeitswelt stehen wollen und müssen. Man muss diese normale gesellschaftliche
Welt mit ihrer Leistungslogik nicht unbedingt schlecht machen und diffamieren,
denn von ihrem Wohlstand leben wir alle, auch die Jungen und Alten. Und doch ist
ein Gradmesser für die Humanität dieser Gesellschaft insgesamt, wie es denn
diesen beiden Altersgruppen in ihr geht. Ob ihnen die gebührende Achtung und
Ehre zuteil wird oder ob sie nur – versorgt werden. Welches Bild haben wir von
den ganz Jungen und ganz Alten im Kopf? Sind das defizitäre Formen von
Menschsein, weil sie bestimmte Dinge noch nicht oder dann im hohen Alter nicht
mehr können? Die Menschen, die sich für dieses Konzept des Hauses Saalburg
entschieden haben, wollten damit einen deutlichen Akzent setzen: Jeder einzelne
Mensch ist und bleibt Gottes Ebenbild, immer, zu jedem Zeitpunkt seines Lebens,
ob als hilfloses Kleinkind oder als alter Mensch, der auch älter und noch älter
und dabei gebrechlich werden darf an Körper und Geist. Die Gottebenbildlichkeit
des Menschen ist jedem Zeitpunkt in seinem Leben, vom ersten bis zum letzten
Augenblick, gleich nahe. Es gibt nur Menschen, es gibt keine defizitären
Menschen
Ich
sehe was, was du nicht siehst.
Dass
alte Menschen mehr sehen können als jüngere, mag einleuchten. Sie haben viel
erfahren und erlebt und über Vieles nachgedacht. Sie sind gleichsam eine Art
Schatzkammer einer menschlichen Gemeinschaft. Kinder lieben es, nach Schätzen
zu suchen, Schatzsuche ist in einer bestimmten Lebensphase von Kindern absolut
dran. Das ist dann die Phase, wo Oma und Opa und ältere Menschen überhaupt für
Kinder so wichtig werden. Und so finden Alt und Jung im Spielen oft glücklich
zueinander. Den Kindern ist es egal, ob ältere Menschen noch ganz fit sind, ob
sie jugendliche Power-Senioren oder schon langsamer und gebrechlicher oder gar
dement sind. Das ist Kindern darum egal, weil sie ja nicht geplagt werden von
Bildern und Erinnerungen, wer dieser Mensch früher einmal war vor 10,20, 30
Jahren und was er da noch alles konnte. Für Kinder zählt nur die Gegenwart:
Was kann ich jetzt mit diesem Menschen machen und was jetzt mit ihm spielen.
Dieser Mensch ist, der er jetzt ist. Es wäre gut, von diesem Kinderblick auf
alte Menschen zu lernen. Sie können nämlich alte Menschen nicht als defizitäre
Menschen in den Blick nehmen, sondern nur so, wie sie sind, in ihrer Gegenwart.
Ich
sehe was, was du nicht siehst.
Das
gilt nicht nur für alte Menschen, die Kinder anschauen und trotz getrübten
Augenlichts schier Unglaubliches dabei entdecken können wie Simeon und Hanna.
Das
gilt auch für ganz junge Menschen, die alte Menschen anschauen und als
begeisterte Schatzsucher in ihnen fündig werden.
Jung
und Alt an diesem Ort zusammen haben zu wollen, das war die Idee und das Projekt
der Menschen, die damals die Heilandsgemeinde geleitet haben. Damit dies Projekt
realisiert werden konnte, mussten viele Menschen gewonnen und gefunden werden:
Ein Investor, der für diese geistliche Tiefendimension des Projekts ansprechbar
und also im besten Sinne des Wortes ein frommer Mensch war – und dennoch ein
guter Kaufmann, der kühl durchrechnen und die Soll- und Habenseite gleichermaßen
im Blick behielt. Er wurde mit Bernd Weber, Geschäftsführer der FDK gefunden.
Und dann eine Person, die die Entwicklung und Unterstützung und Verwaltung des
Projekts von kirchlicher Seite aus betrieb. Sie wurde mit der Vorsitzenden des
ERV, Pfarrerin Esther Gebhardt gefunden. Dornige und steinige Pfade mussten in
diesen 10 Jahren gegangen werden, ein langer Weg der vielen kleinen Schritte.
Schwierige Zwischenphasen und –zeiten gab es.
Für
die Gemeinde war es ein schreckliches Vakuum, als der Kindergarten ins Exil
ging, die Bewohner des Altenheims umziehen mussten und dann vor zwei Jahren die
Heilandskirche abgerissen wurde. Ein großes Loch wie eine klaffende Wunde an
diesem Ort. Das sah eher aus wie das Ende aller Träume und nicht wie der Anfang
einer Vision. Langsam füllt sich das Vakuum nun mit Luft, und viele Menschen in
der Gemeinde können wieder atmen.
Und
nun sind wir versammelt in der Heilandskapelle im Haus Saalburg. Die vielen
Trost- und Segensworte der alten Heilandskirche sind nicht einfach verhallt,
sondern sie haben nicht nur bei Gott ihren himmlischen, sondern sie haben in der
Heilandskapelle ihren irdischen Ankerpunkt wieder gefunden. Die Heilandskapelle
mit ihren schönen bunten Fenstern aus der Heilandskirche darf darum schon als
gut eingebetet gelten.
„In
jedem Alter gut umsorgt“ Ein gutes Motto für das Haus Saalburg, das
ausstrahlen soll in unseren Stadtteil. Sorgen für sich selbst im geistlichen
Sinne, das tun die Jungen und die Alten schon selber, denn sie sind nahe zu
Gott. Sie zu umsorgen – ein schönes, dezentes, altertümliches Wort – das
ist unsere Aufgabe, der wir sorgfältig nachkommen wollen.
Ich
sehe was, was du nicht siehst. Und das ist: viel Trost, viel biblische Verheißung
für Junge und Alte – und ein Stück Erfüllung. Das ist Grund zum Dank an
Gott und Grund zu seinem Lob, und das wollen wir mit dem folgenden Lied tun.
Amen
Fürbittgebet
Birgit Soltau: BS
Ulrich Saenger:
US
Dietrich Neuhaus:
DN
DN:
Lasst uns in der Fürbitte
Gott anrufen,
dass wir Frieden finden untereinander
und Frieden schaffen unter den Menschen
US:
für die Kinder in der Kindertagesstätte,
für ihre Eltern und Großeltern,
für die Erzieherinnen und Erzieher und
für die Leiterinnen,
dass sie die jungen Menschen behutsam umsorgen,
BS:
für die älteren
und alten Menschen im Haus Saalburg,
die hier wohnen und leben werden,
für die Pflegerinnen und Pfleger,
für die Ärztinnen und Ärzte,
für alle, die organisieren, leiten, verwalten und versorgen,
dass sie in jedem Menschen, ob stark oder schwach,
ob
gesund oder krank
Gottes
Antlitz leuchten sehen
und
ihn behutsam umsorgen,
US:
für die Menschen in unserer Stadt und im Stadtteil Bornheim,
für die Politikerinnen und Politiker,
für die Menschen in Verwaltung und Versorgung,
für alle Bürgerinnen und Bürger,
dass sie einander achten,
dass
sie Frieden und Ausgleich miteinander suchen,
BS:
für die Menschen in den Kirchen und Religionsgemeinschaften,
für
die Menschen in der katholischen St. Josefsgemeinde,
für
die Menschen in der methodistischen Gemeinde,
für
die Menschen in der evangelischen Kirchengemeinde Bornheim,
dass sie dieses Haus in ihrer Mitte annehmen und beleben
mit
Gottesdiensten und Gebeten und mit dem Projekt Kirchenladen,
der
ein Schaufenster zum Stadtteil werden soll.
DN:
Darum bitten wir dich Gott,
rette und erhalte uns, denn dir allein gebührt
der Ruhm, die Ehre und die Anbetung.
Und alles fassen wir zusammen in dem Gebet, dass unser Heiland Jesus
Christus uns gelehrt hat:
Vater unser